Die Geschichte des Go Spiels
Go ist das älteste Brettspiel der Welt. Viele Menschen verbinden Go vor allem mit Japan – dabei liegen die Ursprünge des Go im Nebel der altchinesischen Geschichte. Dort wurden die ersten Go-Steine vermutlich bereits vor 4000 Jahren gelegt.
Mythen aus dem alten China
Bis heute ist der genaue Ursprung des Go ungeklärt. Dementsprechend ranken sich zahlreiche Mythen und Sagen um das Strategiespiel aus dem alten China:
Es heisst, der legendäre Kaiser Yao habe Go entwickelt, um seinen rebellischen Sohn Dan Zhu zu erhellen. Andere Geschichten bezeichnen Go als ein uraltes Werkzeug der Wahrsagerei. Demnach nutzten chinesische Astrologen Go für astrologische Deutungen – und die weissen und schwarzen Steine seien Repräsentanten von Yin und Yang.
Manch einer sieht im Go-Spielbrett gar einen Vorläufer des Abakus.
Die vier Künste der Gelehrten
Es gibt nicht nur unbestätigte Mythen. Unstrittig ist: Um 400 bis 300 vor Christus schrieben die ersten chinesischen Gelehrten über Go. Vor allem Konfuzius nutze Go in seinen Schriften, um das richtige Denken über kindliche Frömmigkeit und die menschliche Natur zu veranschaulichen.
„Gentlemen sollten ihre Zeit nicht mit trivialen Spielen vergeuden. Sie sollten Go studieren“.
- Konfuzius in „Die Gespräche des Konfuzius“
So nahm die Bedeutung von Go in China stetig zu. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte Go sogar zu den angesehenen „Vier Künsten“. Die Malerei, Kalligrafie, das Zitherspiel und Go waren die vier Disziplinen, die ein chinesischer Gelehrter beherrschen sollte. Damit steht es dem Schachspiel (ritterliche Tugenden) im nichts nach.
Übrigens: Die Bezeichnung für Go in China ist Weiqi (圍棋 / 围棋). Das bedeutet so viel wie „umgebendes Wild“ auf Deutsch.
Blütezeit in Japan
Von China schwappte das Spiel irgendwann nach Japan. Wahrscheinlich geschah das bereits lange vor dem 8. Jahrhundert. In der japanischen Kultur blühte Go auf und gewann am kaiserlichen Hofe schnell an Popularität. Der Vormarsch des Go war kaum noch aufzuhalten. Massgeblichen Anteil daran hatte die Shōgun-Dynastie Tokugawa.
Japans vier Go-Schulen
Im Jahre 1612 verlieh der damalige Shogun Stipendien an die vier besten Go-Spieler des Landes. Diese Stipendien wurden später auf die Erben der Spieler ausgeweitet. Anschliessend entstanden die vier Go-Schulen Japans: Honinbo, Inoue, Yasui und Hayashi.
Im Laufe der nächsten 250 Jahre führte die verbitterte Rivalität der Schulen zu einer grossen Verbesserung des Spielniveaus. Zusätzlich entstand ein Rankingsystem, welches professionelle Spieler in neun Klassen („Dans“) einteilte.
Die höchste Stufe war der Meijin (名人, „Meister“). Zur Edo-Zeit konnte dieser Titel im ganzen Land nur von einem einzigen Spieler gehalten werden. Nur wer all seine Zeitgenossen im Go übertraf, erhielt den begehrten Titel und stieg in den Olymp der grössten Go Spieler aller Zeiten auf.
Go machte die grössten Fortschritte unter dem Meijin Hon'inbō Dōsaku. In den 1670er Jahren war Dōsaku Leiter der Honinbo Schule und gilt als vermutlich bester Go-Spieler überhaupt. Er machte Honinbo zu der mit Abstand erfolgreichsten Go Schule – und entwickelte mehr Meijins als die anderen drei Schulen zusammen.
Niedergang und Auferstehung
Nach dem Fall der Tokugawa in 1868 schien die Zeit des Go vorbei. Die neue Regierung entzog den Go-Schulen die Unterstützung und förderte stattdessen die Verwestlichung der japanischen Kultur.
Die Rettung kam spät. 1920 wurde die Japan Go Association / Nihon Ki-in (日本棋院) ins Leben gerufen und Go gelang die Auferstehung. Zeitungen begannen Turniere zu sponsern, Spieler zu interviewen und über Wettbewerbe zu berichten.
Bis heute hat Go nichts an Popularität eingebüsst. Ganz im Gegenteil: Mittlerweile gibt es zahlreiche Kolumnen, Berichte und Go-Spielanalysen in allen grossen japanischen Zeitungen.
Vor allem in den 2000er Jahren nahm die Beliebtheit in Japan stark zu. Der Grund dafür? Die Manga-Serie „Hikaru no Go“, die auf dem Brettspiel basiert. Besonders jüngeres Publikum wurde so auf Go aufmerksam.
Auch in China hatte Go lange einen harten Stand. Während der Kulturrevolution wurde Go als „bürgerlicher Zeitvertreib“ geächtet – und Spieler mussten sich im Verborgenen treffen. Das änderte sich im Zuge der wirtschaftlichen Reformen.
1978 wurde ein professionelles Go-Spielsystem in China eingeführt. Jahre später folgte die Japan-China Super Go Series – ein jährliches Event, bei dem die besten Spieler der beiden Länder im K.-o.-System gegeneinander antreten.
Go im heutigen Fernost
Heutzutage ist Go in fast allen asiatischen Ländern vertreten. Die wichtigsten Go-Länder sind Japan, China, Korea und Taiwan – alle verfügen über eine grosse Anzahl an professionellen Spielern, die mit Go ihren Lebensunterhalt bestreiten. Go Turniere sind in diesen Ländern ein echtes Massenereignis.
Und Turniere sind zahlreich. Der Ing Cup ist ein vierjähriges Event, mit einem Preisgeld von 400.000 US-Dollar. Auch jährliche Veranstaltungen wie der Fujitsu Cup oder der Samsung Cup erfreuen sich grosser Beliebtheit. Zudem gibt es zahlreiche Weltmeisterschaften auf Amateurniveau.
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Insgesamt gibt es in Fernost rund 50 Millionen Go Spieler. Während es die besten Spieler jahrelang nach Japan zog, bleiben die meisten mittlerweile in den eigenen Ländern. Dort werden Sie wie nationale Helden oder Popstars verehrt.
Übrigens: Der Koreaner Cho Nam-Chul gründete das professionelle Go-Spielsystem in Korea. Heutzutage ist Go („Baduk“ auf Koreanisch) in Korea unheimlich beliebt. Fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung spielen das spannende Strategiespiel regelmässig.
Go in Europa und Deutschland
Im Westen erlangte Go Anfang des 20. Jahrhunderts langsam an Bekanntheit. Das war vor allem der Verdienst des deutschen Chemikers und Ingenieurs Oskar Korschelt.
Während seiner Zeit in Japan (1876-1886) begeisterte sich Korschelt für das Brettspiel und verfasste die Artikelserie:„Das Japanisch-chinesische Spiel „Go“. Ein Concurrent des Schach in den Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens.“ So wurde Go erstmals für Interessenten aus Deutschland zugänglich.
1905 bildete sich eine kleine Gemeinschaft in Berlin, die Go unter Leitung eines japanischen Studenten spielten. Auch der ehemalige Schachweltmeister [link blog="139" title="Emanuel Lasker"] war ab 1907 Teil dieser Gemeinschaft.
Dennoch verlief die Ausbreitung des Go in Europa schleppend. Die erste reguläre Europameisterschaft 1957 führte zum späten Durchbruch – mittlerweile ist Go in zahlreichen europäischen Ländern verbreitet. Allein in der Schweiz, Österreich und Deutschland sind rund 3000 Go-Spieler in Vereinen und Verbändern organisiert.
Der grösste Dachverband ist der Deutsche Go-Bund (DGoB). Dieser organisiert jährliche Meisterschaften, Turniere verschiedener Altersklassen und sogar eine Go-Bundesliga. In der Schweiz verbindet die „Swiss Go Association“ alle Go Freunde.
Quellen:
pandanet.co.jp/English/essay/goancientchina.html
de.wikipedia.org/wiki/Go_(Spiel)#Go_im_deutschsprachigen_Raum