Jugend-EM in Budva
Vor ein paar Tagen ging die Jugend-EM in Budva zu Ende. Ich durfte das Schweizer Nachwuchsteam als Trainer begleiten und schildere hier ein paar Eindrücke.
Insgesamt waren 11 Spieler aus der Schweiz vertreten. Mit Artur Jussupow, Kambez Nuri und mir waren wir drei Trainer, während dem Rahel Gisler die Delegationsleitung übernahm. Wie meistens an internationalen Anlässen, gehen die Schweizer Spieler nicht als Favoriten ins Rennen, aber immerhin sind viele in der vorderen Hälfte der Startrangliste zu finden. Vor dem eigentlichen Turnier gab es noch Rapid Wettkämpfe, an denen Lars Rindlisbacher, Noel Studer und Davide Arcuti teilnahmen. Dabei waren sie im Mannschaftswettbewerb besonders erfolgreich und konnten die Bronze-Medaille gewinnen. Noch vor der letzten Runde lagen sie sogar in Führung, auch dank der Unterstützung von Tijana Blagojevic (Montenegro), welche am Mädchenbrett fleissig Punkte sammelte.
Für einige Schweizer Teilnehmer war es die erste grosse Auslanderfahrung. Darunter auch meine beiden Schützlinge Daniel Fischer und Gohar Tamrazyan (beide U10). Nebenbei war ich noch für Martin Schweighoffer und Davide Arcuti (beide U14) zuständig, welche zuvor schon reichlich internationale Erfahrung sammeln konnten.
Da ich bereits letztes Jahr an der Jugend-EM in Prag dabei war, wusste ich in etwa, was auf mich zukommt. Mein Tag begann für gewöhnlich um etwa 8:00, da die erste Vorbereitung mit Daniel bereits um 08:30 stattfand. Gleich anschliessend erklärte ich jeweils der aufgeweckten Gohar bis 10:15 die Eröffnungsprinzipien. In der 15 minütigen Pause spurtete ich zum Supermarket und kaufte mir zwei Dosen Colas und einen Schokoladenriegel, damit mir die Energie nicht ausging. Danach arbeitete ich jeweils mit Martin und Davide noch eine Stunde. Um 12:30 war ich meistens ziemlich erschöpft.
Die ganze Delegation ging gemeinsam zum Mittagessen. Wir besuchten dabei lustigerweise meistens das Restaurant, welches wir schon vor zehn Jahren (damals war auch eine Jugend-EM in Budva) gefunden hatten. Das Essen war ok, trotzdem fingen sich viele Spieler einen Magendarm-Virus ein. Einige Spieler waren am Ruhetag dadurch völlig lahmgelegt. Noch schlimmer traf es Fabian Bänziger, der aufgrund der Übelkeit gar eine Runde forfait geben musste.
Der Rundenbeginn war im Hauptspielsaal (eine Turnhalle) um 15:30. Ich verstehe nicht ganz, warum der Partiestart immer so spät angesetzt wird. Daniel konnte gar erst um 16:00 loslegen. Für mich als Trainer waren die ersten beiden Stunden der Partie erholsam, da ich meistens ein bisschen Schlafen ging. Manchmal nutzte ich auch die freie Interleistung, die sonst hoffnungslos überlastet war. Von den Partien konnte man ohnehin nichts sehen, da den Zuschauern nur Zutritt auf die Tribüne gewährt wurde. Diese Entscheidung ist sicherlich begrüssenswert, da so Manipulationen vorgebeugt werden kann und der Spielsaal war sowieso schon recht überfüllt mit den Spielern. Wir Trainer warteten in einem kleinen Kaffee auf unsere Schützlinge. Die Warterei kann echt nervenraubend sein. Normalerweise sitzt man ein bis zwei Stunden da, und dann kommen die Spieler im Fünf-Minuten-Takt. Die Partien wurden selbstverständlich sofort kurz analysiert und die kritischen Phasen besprochen.
Das Abendessen konnten alle Teilnehmer selbst gestalten, da ja alle Spieler unterschiedlich früh fertig waren mit ihren Partien. Ich würde sagen, dass ich durchschnittlich etwa um 21:30 beim Abendessen war. Danach ging man schon bald schlafen und der nächste Tag begann…
Alles in allem gab es keine herausragende Resultate unserer Spieler, aber die Delegation konnte dennoch knapp über 50% der Punkte holen, was bei den vielen Newcomern doch als Erfolg zu werten ist.
Hier noch ein paar Highlights von meinen vier Spielern:
Bei Gohar wurden die meisten Partien durch taktische Schläge entschieden. So hatte sie kein einziges Remis am Schluss des Turniers!
Daniel erreichte bei seiner ersten EM starke fünf Punkte und spielte viele schöne Partien. Hier ein Beispiel, wo er den Gegner völlig überspielt hat und mit einem „kleinen“ Zug den Sieg erzwingt:
Martin spielte eine klasse Partie in der sechsten Runde gegen einen stärkeren Spieler. Aus meiner Sicht war dies die beste Partie, die ich an diesem Turnier von meinen Schützlingen gesehen habe:
Davide war mit 5,5 Punkten aus 9 Runden einer der besten Schweizer. Auch er hatte viele schöne Angriffspartien:
Ein paar Impressionen:
Alles in allem war die Jugendeuropameisterschaft ein gelungener Anlass. Die Schweizer Spieler konnten wichtige Erfahrungen sammeln. Es zeigte sich jedoch auch, dass der Weg zu Top Ten Plätzen noch weit und viel Arbeit verbunden ist.
Die Ranglisten findet man unter: chess-results.com
Fotos: www.budva2013.org