Training ohne Schachbrett
Vernachlässigen wir unsern Körper, verlieren wir die Konzentration. Da Schachpartien lange dauern, sind Rumpfschmerzen oft der Anfang von Konzentrationsschwierigkeiten. Am Ende stehen Verkrampfungen, Erschöpfung und… Partieverlust. Strecken wir uns erst, wenn der Körper schmerzt ist es zu spät. Genauso ist es mit Essen oder Trinken. Wenn uns der Hunger bzw. Durst quält, wird’s schwierig die Energie rechtzeitig zuzuführen.
Du musst natürlich nicht alle Tipps welche aufgeführt sind befolgen. Auch kannst du sie beliebig anpassen. Wichtig aber, dass du dir dein Programm zurechtlegst und nicht blind etwas kopierst!
Trainieren
Richtiges Sitzen während der Partie
Nicht jeder hat dieselbe Sitzposition in der er sich optimal konzentrieren kann. Wir können die Position auch nicht ewig halten. So müssen wir uns auf die wichtigste Zeit beschränken und zwischendurch gezielt den Körper entlasten. Viele stützen den Kopf in die eignen Hände wie Gohar (mitte). Den Kopf leicht mit den Fingern fixieren wie Samuel (links) dies oft tut ist eine weitere Möglichkeit, oder ihn in die Unterarme „legen“ wie Florian (rechts) es bevorzugt. Solche und weitere Körperhaltungen sieht man jede Menge. Wichtig ist es in der Restzeit eine entspannende Haltung einzunehmen, das heisst eine möglichst aufrechte gerade Sitzhaltung. Übe die bewusste Einnahme der Sitzhaltung z.B. bei „unwichtigen“ Rapidturnieren.
Rückendreher lockert Wirbelsäule
Nimm die ideale Sitzhaltung ein und verschränke die Hände über den Schultern. Drehe deinen Oberkörper in mässigem Tempo nach links und rechts. Das Becken bleibt unbewegt. 8-10x wiederholen. Kann z.B. während den Trainings für Abwechslung sorgen. Gleichzeitig das Fenster öffnen und frische Luft zuführen.
Halsstrecker entspannt den Nacken
Stell dich aufrecht hin. Atme ein und heb dabei die Schultern in Richtung Ohren. Beim Ausatmen die Schultern sanft nach unten gleiten lassen. Dein Hals wird gestreckt und dein Nacken entspannt sich. 5x wiederholen.
Schulterstrecken für die Rückenmuskulatur
Stell dich aufrecht hin und winkle beide Unterarme nach vorne an. Die Ellbogen an den Oberkörper drücken, die Fäuste geballt. Spann in dieser Haltung die Arm- und Rückenmuskulatur an und ziehe die Schulterblätter nach hinten, als zögest in den Händen ein Gummiband auseinander. Zehn Sekunden halten und dabei die Pobacken fest zusammendrücken. Diese Übungen 5x wiederholen.
Jedes Kilo zuviel ist Balast
Dass auch Schachspielerinnen und Schachspieler auf ihr Körpergewicht achten müssen erscheint logisch. Ausgleichsport z.B. Joggen, Schwimmen, Velofahren und gesunde Ernährung helfen. Schon ein regelmässiger Spaziergang von 10 Min ist ein Anfang.
Vor-/am Spielanlass
Genügend Schlaf
Ein erholender Schlaf in der Vornacht ist natürlich wichtig. Am besten man hat einen gleichen ritualmässigen Ablauf. Z.B. Abends um 1000 h ins Bett. 0830 h Weckergeläute, aufstehen, 0930 h frühstücken und etwas Musik hören, noch etwas unternehmen, um dann zu einer ganz bestimmten Zeit alles zu packen und los geht’s.
Problembox
Wir alle haben Sorgen. Oft gelingt es uns nicht sie während der Partie auszublenden. Versuche es mit der Problembox. Schreibe deine Probleme auf. Lege diesen Zettel in ein Kuvert oder ebene eine Box und sage dir, dass all die Sorgen nun zu Hause warten müssen, bis die Partie vorbei ist. Nach der Partie holst du den Zettel ganz bewusst wieder. An mehrtägigen Turnieren kann die Problembox auch für die Aufbewahrung der gespielten Partien bzw Formulare dienen. Ein Zeichen, dass du sie im Moment nicht mit dir im Kopf "rumschleppst". Später dh. zu Hause holst du sie dann aus der Problembox und kümmerst dich in Form von Partieanalysen darum.
Wenn der Gegner übermächtig erscheint
Hier gilt es mit möglichst viel Selbstvertrauen und Zuversicht in die Partie zu steigen. So hilft vielen Sportlern das visualisieren eines grossen Erfolges. Stell dir dein Gefühl vor als du einen viel stärkeren Gegner am Brett besiegt hast, als du einen Turniersieg gefeiert hast usw. Ein Selbstgespräch wie „genauso einen Sieg will ich heute holen“ stärkt dich. Bei andern hilft eine andere Vorstellung z.B. das Bild eines Tigers visualisieren und zu sich sagen „heute kämpfe ich wie ein Tiger“.
Ans Turnier mitnehmen
Nicht jeder Turnierplatz ist für Schach spielen optimal abgestimmt. Vor allem bei Auswärtsspielen, weiss du nicht was auf dich zukommt. Ein eigenes Sitzkissen gehört in die Reisetasche. So sitzt du bequem und wird die Übersicht besser. Der Mannschaftsleiter/Chauffeur kann evtl. einige Kissen mitnehmen. Frage den Mannschaftsleiter, ob du eigene Verpflegung mitbringen darfst. Meist hat er Erfahrung wie es im Turniersaal aussieht. Sorge auf alle Fälle, dass du etwas zu essen und zu trinken hast. Natürlich sollte ein guter Kugelschreiber dabei sein, vielleicht Taschentücher, Talismann, Bonbons, die „richtige“ Musik usw. und vielleicht... kein Handy.
„Wecker“ stellen
Wer bei der Partie die guten Vorsätze vergisst, der kann sich einen „Wecker“ stellen. Ist die Bedenkzeit z.B. bei 2 Std 40 Züge plus 1 Std für den Rest, so kennzeichne den 10sten, 20sten, 30sten und 40sten Zug auf dem Partieformular.
In die Partie finden
Es gibt Spieler die es nicht schaffen sich von Beginn weg zu konzentrieren. Sie spielen à tempo, finden die Ruhe nicht und schon ist eine Ungenauigkeit oder gar ein Fehler auf dem Brett. Geh in solchen Fällen so vor: Nie sofort auf den Zug antworten. Wenn du weisst was du ziehen willst atme beim ersten Zug bewusst 5x tief ein und atme ruhig wieder aus. Ziehe erst dann. Beim zweiten Zug sind es dann noch 4 Atemzüge usw.
Körperhaltung während Partie viel wechseln
Während der Partie ist es wichtig die Haltung oft zu verändern, denn das Verharren in einer gleichen Position führt meist zu einer einseitigen Körperbelastung. Gewichtsverlagerungen, Räkeln, Strecken, Schulterkreisen - erlaubt ist was den Gegner nicht stört und dir hilft.
Aufstehen nach „Wecker“
Nach dem „Wecker“ stehe auf. Jeder Gang durch die Spielerreihen oder zum Getränkeraum entlastet den Rücken. Ein Blick ins Grüne und ein paar volle Atemzüge am offenen Fenster gehören auch dazu.
Essen und Trinken nach „Wecker“
Trinke gezielt 2-3 dl Wasser/Tee (pro Partie mind. 1 Liter). Dies verhindert ein „Austrocknen“ und beugt Kopfschmerzen vor. So kannst du die Konzentration länger halten. Beim 20sten bzw. 40sten Zug esse zusätzlich etwas wie einige Bissen einer Banane, einen Schokoriegel, einen halben Apfel. Konsumieren wir nicht oder zu spät, kann es zu einem Konzentrationszusammenbruch kommen.
Droht ein Konzentrationsabfall
Manchmal merken wir selbst wie wir an etwas anderem herumstudieren. Sage dir innerlich laut „STOP“ Tief einatmen, ausatmen und gleichzeitig den gegnerischen König fixieren und zu sich selber sagen „Genau dich will ich“.
Lärm
Auf Lärm sind viele Spieler empfindlich. Schon das Knarren des Bodens, das schwere Atmen des Spielers am nächsten Brett oder das Getuschel am Getränkeautomat stören. Man schätzt die Leistungseinbusse bis zu 30% ein. Insbesondere, wenn man die Geräusche bewusst wahrnimmt, werden sie als störend empfunden. Grund genug es mal mit Gehörschutzpfropfen zu versuchen.
Nach der Partie
Insbesondere wenn es ein Mannschaftswettkampf ist, gilt aber auch für ein Einzelturnier. Geh kurz an die frische Luft. „Analysiere“ den Wettkampf in ein paar Minuten. Ob am Brett oder einfach im Kopf spielt keine so grosse Rolle. Hake die Partie fürs Erste ab. Zeige dich anschliessend an den Brettern deiner Kolleginnen und Kollegen. Das stützt und motiviert. Auch du bist froh, wenn es so ist.
Ich wünsche alle Spielerinnen und Spieler viel Spass und Erfolg am Schachbrett!