Wie verbessere ich mein Schachspiel?
Schach macht Spass – noch mehr, wenn man gewinnt. Weder Mensch noch Maschine beherrschen das königliche Spiel in Perfektion. Dazu ist Schach zu komplex, aber Fortschritte kann jeder erzielen. In diesem Blogbeitrag erhalten Sie wertvolle Tipps, wie Sie Ihre Spielstärke anheben.
Im Internet finden sich dutzende Seiten à la «Wie Sie Ihren Gegner in drei Zügen Schachmatt setzen». Solche konkreten Empfehlungen präsentiere ich hier nicht. Wäre das Schachspiel so simpel, würde es nicht Millionen von Menschen in seinen Bann ziehen. Diese vermeintlichen Ratgeber vermitteln meistens Eröffnungsfallen, welche in Wirklichkeit nicht funktionieren oder zum Teil sogar schlecht sind. Ich verrate Ihnen stattdessen mehrere Möglichkeiten, wie Sie langfristig Ihr Spielverständnis verfeinern.
Praxis
Kein Weg führt an der Praxis vorbei. Spielen Sie regelmässig gegen ähnlich starke Gegnerschaft. Ihre Punkteausbeute sollte dabei etwa 35% betragen. Schliesslich lernen Sie in umkämpften Duellen mit leicht besseren Spielern mehr, als wenn Sie gegen Schwächere dauernd gewinnen. Zu stark darf Ihr Gegenüber allerdings auch nicht sein, weil sonst auf beiden Seiten Langeweile aufkommt. In solchen Fällen kommt der sportliche Charakter nicht zum Tragen und der Lerneffekt ist wesentlich kleiner.
Vielleicht haben Sie bereits einen geeigneten Spielpartner in Form eines Bekannten oder Verwandten. Wenn nicht, kein Problem! Idealerweise treten Sie einem Schachverein bei und nehmen an internen Turnieren bzw. Mannschaftswettkämpfen teil.
Viele Leser dieses Textes dürften allerdings (noch) nicht in einem Schachklub aktiv sein. Dafür gibt es etliche Gründe wie Zeitmangel oder Familie. Angst zu schwach zu sein, sollte aber kein Argument sein. In einem Schachverein finden sich Spieler auf allen Niveaus und lernwillige Menschen wie Sie erzielen ohnehin schnell Fortschritte.
Als Alternative zum Schachverein bieten sich online Schachserver an. War es vor 20 Jahren noch kompliziert, einen Schachfreund zu finden, ist es heute ein Kinderspiel. Auf den meisten Plattformen sind die Basisfunktionen kostenlos. Account anlegen und nach ca. fünf Minuten kämpfen Sie bereits um den Sieg - gegen reale Menschen versteht sich. Unter Hobbyspielern sind chess.com, schach.de und chess24.com beliebt.
Partieanalyse
Viele Amateurspieler zocken beinahe täglich eine Stunde im Internet und wundern sich, dass keine Fortschritte ersichtlich sind. Dafür gibt es zwei Hauptgründe:
Erstens wird mit zu kurzer Bedenkzeit gespielt. Spielmodi wie 3+0, 3+2 oder 5+0 sind besonders angesagt. Das ist zwar Action auf den 64 Feldern, aber fünf Minuten sind nicht genug, um sich ernsthaft in eine Stellung zu vertiefen! Wir empfehlen deshalb mindestens 10 Minuten pro Spieler.
Zweitens begehen sogenannte Internetblitzer immer dieselben Fehler. Partie verloren? Macht nichts – neue Partie! Das ist völlig in Ordnung, wenn einzig der Spass zählt. Soll allerdings die Spielstärke verbessert werden, müssen getroffene Entscheidungen im Anschluss kritisch hinterfragt werden. Nur so lernen Sie aus den gemachten Fehlern.
In der Fachsprache nennt man dies «Partieanalyse». Zertifizierte Schachtrainer arbeiten mit verschiedenen Methoden und sind sich nicht immer einig, wie man ein Schachlehrgang idealerweise aufbaut. Manche bevorzugen mit Amateuren das Endspiel zu trainieren, andere legen Wert auf die Taktik. Der Nutzen einer Partieanalyse ist aber unbestritten. Beinahe jeder Trainer wird Ihnen diese Methode des Lernens empfehlen.
Nun wie geht das? Erst einmal müssen Sie die Züge einer Schachpartie notieren. Im Internet werden die Partien automatisch aufgezeichnet und können anschliessend im PGN-Format heruntergeladen werden. Falls Sie das klassische Spiel in 3D bevorzugen, benötigen Sie ein [link category="20" title="Schachspiel"] mit Koordinaten und [link category="40" title="Partieformulare"].
Anschliessend stellen sie die Figuren in die Startaufstellung und folgen den notierten Zügen. Bei interessanten Momenten probieren Sie Alternativen zu der eigentlichen Partiefortsetzung und schätzen die Konsequenzen ab. «Wo liegen die Vorteile bzw. Nachteile eines Zuges?» Die Analyse machen Sie entweder alleine, zu zweit oder in einer kleinen Gruppe.
An Schachturnieren ist es üblich, sich nach dem Spielende die Züge mit seinem Gegner anzuschauen. «Was waren seine Überlegungen?» oder «Was wollte er auf diesen Zug spielen?» sind typische Fragen, welche den Kontrahenten auf den Lippen brennen. Diese Form der Partieanalyse ist nicht nur spannend, sondern auch äusserst lehrreich.
Im Schachverein lassen sich meistens stärkere Spieler finden, welche Sie bei der Partieanalyse mit Elan unterstützen. Am meisten lernen Sie, wenn Sie gemeinsam Verlustpartien betrachten. Antworten auf Fragen wie «Wo habe ich den Fehler gemacht?» oder «Was wäre der korrekte Plan in dieser Stellung?» werden Ihre Spielstärke relativ schnell anheben.
Falls Sie keinen Analysepartner haben oder die eigenständige Analyse bevorzugen, könnte eine Schachsoftware Abhilfe schaffen. Das Bekannteste ist «Fritz». Der Computer zeigt, welche Züge aus seiner Sicht nicht gut waren – leider hat er fast immer recht. Die Bedienung solcher Programme ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Zudem handelt es sich um eine Maschine. Konkrete Fragen wie «Sollte ich lieber am Damenflügel oder am Königsflügel angreifen?» werden nicht beantwortet.
Ebenso spannend ist es, wenn Sie sich eigenständig vor ein Schachbrett setzen und die Züge nochmals nachspielen. Im Nachhinein ist man immer schlauer und weiss in der Regel, wo man einen Fehler begangen hat. Untersuchen Sie die kritischen Stellungen und versuchen Sie Schlüsse daraus zu ziehen.
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Bei der «Ego-Analyse» können Sie sich ausserdem Ihr gewünschtes Ambiente schaffen. Als Schiffspassagier auf dem Zürichsee beobachtete ich einmal, wie ein Mann bei wunderschönem Sonnenuntergang ein Taschenschach hervor nahm und eine Partie mit einem Glas Wein analysierte. Da wurde ich gleich etwas neidisch…
Schachtraining
Egal ob wir von Roger Federer, Tiger Woods oder Lionel Messi sprechen. Deren Erfolg beruht hauptsächlich auf harter Arbeit in Form von systematischem Training. Der Leser dieses Textes hat wahrscheinlich nicht die Absicht, Magnus Carlsen als Schachweltmeister herauszufordern. Aber auch auf Amateurniveau gilt:
«Von nichts kommt nichts!»
Die vorherigen Zeilen zum Thema Partieanalyse sind Teil des Schachtrainings. Es gibt aber weitere erprobte Methoden, um sein Level zu steigern. Die Fachmaterialen sind unglaublich vielfältig und als durchschnittlicher Spieler sieht man schnell nur noch Sandkörner statt den Strand.
Im Folgenden geben wir unsere Erfahrungen bezüglich Schachprodukte weiter. Der aufmerksame Leser wird merken, dass nicht alle Produkte in unserem Shop erhältlich sind. Bei Analyseprogrammen wie «Fritz» verweisen wir auf chessbase.ch. Grundsätzlich empfehle ich, weiterhin mit [link category="196" title="Schachbüchern"] zu arbeiten, auch wenn DVDs angenehm zu schauen sind.
Taktik oder Strategie
Egal ob Kinder- oder Amateurpartien, fast immer entscheidet die Taktik über Sieg und Niederlage. Im Schachspiel spricht man von drei Partiephasen:
- Eröffnung
- Mittelspiel
- Endspiel
Diese charakterisieren den Verlauf einer Schachpartie, wobei der Wettstreit auch bereits im Mittelspiel und in seltenen Fällen gar in der Eröffnung enden kann. Eine weitere Unterscheidung wird zwischen Strategie und Taktik gemacht.
Bei der Strategie spielen langfristige Entscheidungen eine Rolle. «Welchen Plan soll ich verfolgen?» oder «Soll ich ins Endspiel abwickeln?». Demgegenüber steht die Schachtaktik. Hier geht es darum, mit kurzen (forcierten) Varianten ein Ziel zu erreichen. Oftmals wird statt Taktik auch von Kombinationen gesprochen. Ein Beispiel zur Taktik im Schach:
Für den lernenden Amateur ist die Schachtaktik von viel höherer praktischer Bedeutung als die Strategie. Interessanterweise erzielt man beim Lösen von Kombinationsaufgaben auch Fortschritte im Positionsgefühl, was eher der Strategie zuzuordnen ist. Wenn Sie an Aufgaben grübeln, stärken Sie Ihre Intuition. Sie erhalten ein Gespür, wo eine Figur am meisten Kraft entwickelt.
Taktiktraining ist simpel: Aufgaben lösen und mit der Musterantwort vergleichen. Die Stappenmethode ist mit ihren Arbeitsheften bzw. Arbeitsbüchern ein tolles Lehrmittel in diesem Bereich. Für fortgeschrittene Spieler mit einer Elo-Zahl empfiehlt sich das Schachbuch «[link product="853" title="Kombinationen"]» von Kurt Richter. Ich verwende es in Trainingseinheiten mit Nachwuchstalenten und es wird nicht ohne Grund vom schweizerischen Schachbund empfohlen.
Eröffnungen
Bitte begehen Sie nicht den Fehler, dass Sie Schacheröffnungen pauken. Es ist verlockend dieser Phase des Schachspiels eine Menge Zeit zu widmen, weil jede Partie mit der Eröffnung beginnt. Mit ausgefeilten Eröffnungsvarianten werden Sie den einen oder anderen Punkt einfahren. Die Schönheit des Spiels und langfristigen Erfolg werden Sie auf diese Weise allerdings nicht kennenlernen.
Reduzieren Sie das Eröffnungstraining auf ein Minimum und lernen Sie keine Varianten auswendig. Halten Sie sich dagegen an die goldenen Eröffnungsregeln wie:
- Besetze das Zentrum
- Entwickle die Figuren
- Bringe den König in Sicherheit
Mittelspiel
Im Mittelspiel sollten beide Spieler einen Plan austüfteln. Meistens geschieht dies in Form eines Angriffs auf den König oder eines verwundbaren Punktes im gegnerischen Lager. Das Spielverständnis im Mittelspiel stärken Sie durch praktische Partien, Analyse und Taktiktraining. Das Studium von Schachbüchern bietet sich ebenfalls an.
Für den Anfänger sind «[link product="845" title="Wie man im Schach gewinnt"]» oder «[link product="846" title="So darfst du nicht Schach spielen"]» zu empfehlen. Fortgeschrittene haben die Qual der Wahl. Ich mag Bücher von Ex-Schachweltmeister Euwe oder Klassiker von Réti bzw. Tarrasch. Silman hat in den letzten Jahren ebenfalls empfehlenswerte Bücher verfasst. Die hervorragende Tigersprungreihe von Jussupow ist anspruchsvoll und erst ab einer Elo-Zahl von ca. 1600 zu empfehlen.
Endspiel
Nicht wenige Trainer wählen den «sowjetischen» Ansatz und beginnen beim Schachtraining mit dem Endspiel. Das mag für den Hobbyspieler überraschend sein, birgt aber einige Vorteile in sich. Einerseits ist das Endspiel etwas einfacher zu verstehen als das Mittelspiel, da nicht so viele Figuren ins Spiel engreifen. Unzählige Faktoren wie zum Beispiel Bauernschwächen, aktive Figuren usw. hängen im Mittelspiel von Nuancen ab. Im Endspiel werden diese Elemente viel deutlicher sichtbar.
Zudem gibt es eine Menge Endspiele, die auch ein Amateurspieler aus dem FF kennen sollte. Wie setzt man mit Dame + König vs. König matt? Oder gewinne ich mit Bauer + König vs. König? Sie können mir glauben, dass der Hobbyspieler im Endspiel wesentlich mehr Punkte verschenkt als in der Eröffnung.
Einmal erzählte mir ein Schachjunior: «Aber ich komme gar nie ins Endspiel!» Etwas verwundert schaute ich ihn an und wir beschlossen, seine letzten fünf Partien zu studieren. Es sollte sich herausstellen, dass er a) einmal im Endspiel war, ohne es zu merken und b) er dem Damentausch immer auswich, egal ob das Endspiel für ihn gut oder schlecht war. Machen Sie es besser und beginnen Sie schon früh mit dem elementaren Endspieltraining.
Fazit
Um ernsthafte Fortschritte im Schachspiel zu erzielen, ist eine Kombination aus Praxis, Partieanalyse und Training notwendig. In einem Schachverein erhalten Sie von stärkeren Spielern Tipps, was Ihre Schwächen sind und wie Sie diese beheben können. Im Schachtraining arbeiten Sie am besten an Ihren taktischen Fähigkeiten und vergessen die Eröffnung für eine Weile!